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1. Attraktiver ÖPNV

Damit ein ÖPNV-Netz attraktiv wird, braucht es gute Anbindungen zu einem niedrigen Preis: Die nächste ÖPNV-Haltestelle sollte sich in der Nähe befinden und die Wartezeiten an den Haltestellen sollten möglichst kurz sein.

Um die Klimaziele einzuhalten, muss die Verkehrswende in Hamburg deutlich beschleunigt werden. Der Fokus auf milliardenschwere Projekte wie der Bau der U5, der 20 Jahre dauert und bei dem riesige Mengen an CO₂ emittiert werden, die erst nach vielen Jahrzehnten kompensiert werden können, ist ein Irrweg. Deutlich wirksamer wäre der Bau eines Straßenbahnnetzes: Es verbessert die Anbindungen von viel mehr Menschen, kostet nur einen Bruchteil des Baus der U5, wäre schneller fertigzustellen und beim Bau weit weniger CO₂-intensiv.

Das 9-Euro-Ticket hat die Bedeutung des Preises für den Umstieg vom Auto auf den ÖPNV aufgezeigt: Während seiner Gültigkeitsdauer ist der Autoverkehr im Vergleich zu den gleichen Monaten im Jahr 2019 um durchschnittlich knapp 10% zurückgegangen.

Visualisierung einer autofreien Reeperbahn mit breiten, abgetrennten Rad- und Fußwegen und einer Straßenbahn.
Quelle: Hamburg: Reeperbahn, Jan Kamensky, CC BY-NC-SA 4.0

2. Rad- und Fußwege

Die Zahl der Rad fahrenden Hamburger:innen steigt kontinuierlich. Allerdings werden aktuell immer noch nur für 15% der Wege in Hamburg das Rad verwendet. Bezogen auf die zurückgelegte Strecke macht das Rad nur einen Anteil von 5% aus. Dabei sind ca. 60% der autofahrenden Hamburger Haushalte bereit für den Umstieg aufs Rad. Davon hält sie allerdings hauptsächlich ab, dass sie sich im Hamburger Straßenverkehr gefährdet fühlen und die Radwege oft von schlechter Qualität sind.

Laut dem maßgebenden Designleitfaden des niederländischen Forschungszentrums für Radverkehrspolitik CROW Fietsberaad gibt es fünf Qualitätskriterien für ein gutes Radwegenetz, Sicherheit ist ein wesentlicher davon: Die Radverkehrsinfrastruktur muss die Verkehrssicherheit der Radfahrenden und anderer Verkehrsteilnehmer gewährleisten sowie sie vor Schadstoffen schützen.

Des Weiteren muss die Radverkehrsinfrastruktur ein zusammenhängendes Ganzes bilden und alle Start- und Zielpunkte der Radfahrenden verbinden (Kohäsion). Sie muss dem Radfahrenden einen möglichst direkten Weg bieten und Umwege auf ein Minimum reduzieren (Direktheit). Sie muss so gestaltet sein, dass sie ansprechend und attraktiv ist (Attraktivität). Und sie muss so gebaut sein, dass die Radfahrenden möglichst wenig durch Erschütterungen, Höhenunterschiede wie Bordsteinen oder Treppen sowie durch andere  Verkehrsteilnehmende verursachte Störungen belästigt werden (Komfort).

Leider sind die Radwege in Hamburg jedoch oft unterbrochen, viel zu schmal, holprig; sie haben viele unnötige, teilweise enge Kurven und es befinden sich Hindernisse auf dem Weg. Und sie sind oft unsicher, wie die zahlreichen Unfallmeldungen der letzten Jahre zeigen.

Fußwege sollten ebenfalls ausreichend breit und frei von Hindernissen wie Parkscheinautomaten, Ladesäulen, Leihrollern oder parkenden Fahrrädern sein. Zwar ist die Stadt Hamburg mit dem Strategiepapier des Bündnisses für den Rad- und Fußverkehr auf einem guten Weg. Würden in dem Papier genannten Maßnahmen konsequent umgesetzt, würde dies das Hamburger Radverkehrsnetz und die Qualität der Wegstrecken deutlich aufwerten und sicherer machen. Allerdings fehlen bei den meisten Punkten zeitliche Zielvorgaben, so dass unklar ist, wann die jeweiligen Maßnahmen umgesetzt werden.

Um Rad- und Fußverkehr attraktiver und sicherer zu machen, muss der Raum fürs Auto umgewidmet werden in sichere, ebene, voneinander und von der Autofahrbahn physisch abgetrennte Rad- und Fußwege. Das Umweltbundesamt empfiehlt, zu diesem Zweck zwei Drittel der Parkplätze in den Städten zu streichen. Das Falschparken auf Geh- und Radwegen sollte hamburgweit kontinuierlich kontrolliert und Verstöße empfindlich geahndet werden.

Der Umbau muss schnell erfolgen, eine wirksame Reduktion der CO₂-Emissionen wurde schon zu lange verschleppt. Pop-Up-Bikelanes sind eine ideale Maßnahme, um den Umbau schnell und zunächst provisorisch zu vollziehen. Zahlen aus Berlin zeigen, dass der Radverkehr durch die Einrichtung von Pop-Up-Bikelanes erheblich gesteigert werden kann, teilweise um bis zu  um bis zu 260%. Paris hat gezeigt, dass diese Maßnahmen großflächig und zügig umzusetzen sind. Hamburg sollte sich dies zum Vorbild nehmen.

Visualisierung breiter, abgetrennter Geh- und Radwege in Berlin
Quelle: Torstraße autofrei Berlin, Tom Meiser & Timo Schmid, CC BY-NC-SA 4.0

3. Letzte Meile

Der Anteil des Verkehrs der “letzten Meile” – dem letzten Wegstück beim Transport der Ware zur Haustür des Kunden – macht in Hamburg 4–6% des
städtischen Verkehrs aus, Tendenz steigend. Die Stadt plant daher, die Emissionen im Bereich Kurier-, Express-, und Paketzustellungen (KEP) bis 2030 um 40% zu senken und den Verkehrsfluss zu verbessern. Bis 2030 sollen 95% der KEP-Fahrzeuge emissionsfrei fahren.

Da ein alleiniger Antriebswechsel aber den Verkehrsfluss nicht verbessert, sollen zudem 25% der Sendungen von Firmen an Kund:innen und 5% der Sendungen zwischen Firmen per Lastenrad erfolgen. Und: Auf “der letzten Meile” sollte nur noch ein Lieferdienst unterwegs sein. Dazu sollte es öffentliche Lizenzen und Ausschreibungen geben, die anfangs z.B. nach bisherigem Marktanteil vergeben werden. Zu diesem Zweck braucht es eine Logistikinfrastruktur für Lastenräder: Mikrodepots, Pick-up-Points, Halte- und Umladeplätze und Ladestationen. Die letzte Meile sollte eine weitere Dienstleistung anbieten: Die kostengünstige (besser kostenlose) Belieferung von Alten und Kranken mit Dingen des täglichen Bedarfs.

Eine Befragung unter Logistikunternehmen ergab, dass diese gerne mehr Lastenräder einsetzen würden. Dies sei aber nur rentabel, wenn Verkehrswende zügiger umgesetzt und die ökologischen und sozialen Kosten, die der Kfz-Verkehr verursacht, eingepreist werden und das Radverkehrsnetz ausreichend ausgebaut würde. Dies könne durch die Einführung einer City-Maut und die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, sowie durch autofreie Zonen und Superblocks umgesetzt werden.

Die Hamburger Verkehrsbehörde sollte so schnell wie möglich die Basis für dieses Ziel legen und eine oben genannte geeignete Infrastruktur einrichten. Durch die Einführung einer City-Maut und der Ausweitung und Erhöhung der Parkraumbewirtschaftung müssen die wahren Kosten des Autoverkehrs eingepreist werden.
Alle Lieferungen, die nicht via Lastenrad möglich sind, sollten ausschließlich mit emissionsfreien Lieferwagen erfolgen. Um den Verkehr auf der letzten Meile zu reduzieren, sollten die Sendungen der einzelnen Dienste gebündelt ausgeliefert werden. Für ältere und gehbehinderte Menschen soll ein kostenloser Lieferdienst eingeführt werden.
Für Handwerker:innen und Dienstleistende sollte es Anreize für den Umstieg auf E-Autos/Lastenräder geben.

Einweihung eines Lastenrad-Stellplatzes in Berlin-Neukölln, Quelle cargobike.jetzt

4. Pendelverkehr

365.000 Berufstätige pendeln nach Hamburg, ca. 40% von ihnen mit dem eigenen Auto. Die Emissionen öffentlicher Einrichtungen und Betriebe sind zu einem erheblichen Teil auf den durch sie verursachten Verkehr zurückzuführen. Das Mobilitätsmanagement zielt darauf ab, diesen Verkehr durch drei Maßnahmen umweltverträglicher zu machen: durch Vermeidung, Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel und durch Verbesserung z.B. durch Elektrifizierung der Flotte und das Bilden von Fahrgemeinschaften.

Eine Fallstudie, die Maßnahmen des Mobilitätsmanagements in 21 britischen Städten auswertete, hat gezeigt, dass der Pendelverkehr durch betriebliches Mobilitätsmanagement im Durchschnitt um 18% reduziert werden konnte. Von den durchgeführten Maßnahmen war das Parkraumanagement, d.h. die Begrenzung die Bewirtschaftung des Parkraums der wahrscheinlich wichtigste Faktor. Ein besonders hervorhebenswertes Beispiel sind hier die Maßnahmen der Stadt Nottingham. Auch Anreizzahlungen für Menschen, die nicht mit dem Auto pendeln, erwiesen sich als erfolgreich.

Wir fordern, dass große Arbeitgeber:innen und Einrichtungen zur Entwicklung eines Verkehrskonzeptes zur klimagerechten An- und Abreise der Beschäftigten, Studierenden/Besucher:innen verpflichtet werden. Unentbehrlicher Teil des Konzepts soll die Einführung einer Abgabe von nicht unter 500 € pro Platz und pro Jahr sein, die die Einrichtungen an die Stadt zahlen müssen und die zweckgebunden für den Ausbau des ÖPNV sowie der Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur ausgegeben wird.

Berufspendler in London, Quelle: greatwen.com

5. City-Maut

Das Autofahren verursacht Kosten, für die die Gesellschaft als ganze und zukünftige Genrationen aufkommen müssen: durch Unfälle, Emissionen von CO₂, Feinstaub, Stickoxiden, durch Lärm und durch Staus. Eine City-Maut hilft mehrfach, die durch Autofahren verursachten Probleme zu mindern: Sie hilft, den Stau- und Parkdruck aus den Innenstadtbereichen zu nehmen; sie trägt dazu bei, die wahren Kosten des Autofahrens einzupreisen; und die durch sie generierten Einnahmen können verwendet werden, um den Ausbau des ÖPNV und des Rad- und Fußwegenetzes zu finanzieren.

Zwei Städte, die die City-Maut erfolgreich eingeführt haben sind London und Stockholm. Basierend auf den positiven Erfahrungen in diesen und anderen Städten schlagen wir, in Anlehnung an die 2011 von Hautzinger et al. durchgeführte Machbarkeitsstudie, eine City-Maut innerhalb des Ringes 2 mit Erweiterung bis zur A7 im Westen und der Güterumgehungsbahn im Norden vor.

Vorgeschlagene Mautzone in Hamburg basierend auf der Studie von Hautzinger et al. (2011), Eignung einer City-Maut als Instrument der Verkehrs- und Umweltpolitik in der Freien und Hansestadt Hamburg

6. Parkraumrückbau

Der öffentliche Raum sollte nicht mit Autos befüllt, sondern als Gemeingut allen gleichermaßen zur Verfügung stehen, z.B. als Grünflächen, als Orte zum
Spielen, Verweilen, Spazieren, für die Außengastronomie und für Rad- und Fußwege. Das würde die Lebensqualität steigern, die Emissionen senken und die Attraktivität der Quartiere erhöhen.

Zurzeit wird der öffentliche Raum in Hamburg jedoch noch durch parkende Autos zugestellt – obwohl nahe liegende Tiefgaragen und Parkhäuser selbst zu Spitzenzeiten häufig unausgelastet sind. Parkraumrückbau trägt dazu bei, dass diese stärker genutzt werden. Anwohnerparkplätze sollten nicht auf der Straße, sondern möglichst kompakt am Rande von Wohngebieten eingerichtet werden, der Platz vor der Haustür sollte generell nur als Halteplatz dienen.

Um den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu befördern, sollten ein Teil der durch Parkraumrückbau freiwerdenden Flächen für breitere, sicherere und barrierefreie Fuß- und Radwege, Busspuren, sowie für Fahrradstellplätze inkl. Bikesharing und Lieferzonen sowie für Lastenräder verwendet werden.

Ein anderer Teil sollte durch Entsiegelung in Grünflächen umgewandelt werden. Dies steigert nicht nur die Lebensqualität, sondern ist zugleich für die Klimaanpassung an das vermehrte Auftreten von Starkregen und Hitzewellen wichtig: Bäume und Stadtgrün kühlen durch Schatten und Verdunstung die Stadt, während eine entsiegelte Fläche Wasser aufnehmen und speichern kann, sodass die Siele entlastet und damit die Überschwemmungsgefahr gesenkt werden kann.

Die seitens des Einzelhandels und des Dienstleistungssektors häufig vorgebrachten Vorbehalte, eine Parkraumreduktion wirke sich negativ auf ihr Geschäft aus, lassen sich aus anderen Städten nicht bestätigen – im Gegenteil. In vielen Fällen steigen die Umsätze der Geschäfte und Lokale mittel- bis langfristig sogar an.

Wir fordern den Rückbau der Parkfläche auf Straßen um mindestens zwei Drittel bis 2035 bei einer jährlichen Reduktion von mindestens 6%. Paris zeigt, dass Parkplätze großflächig quasi über Nacht reduziert bzw. mit mobilen Stadtmöbeln, Blumenkübeln o.Ä. umgewidmet und diese temporäre Umwidmung später verstetigt werden können.
Die freiwerden Flächen sollten in Wohngebieten in Grün-, Spiel- und Aufenthaltsflächen, an Hauptstraßen in von der Fahrbahn und voneinander abgetrennte Rad- und Fußwege und Fahrbahnen auf mehrspurigen Hauptstraßen durch Entsiegelung in Grünflächen umgewandelt werden.
Verstöße gegen das Parkverbot müssen kontinuierlich und flächendeckend kontrolliert und geahndet werden. Die Stellplatzpflicht muss komplett aus dem Baurecht gestrichen werden.

7. Parkraumbewirtschaftung

Die Bewohnerparkgebühren in Hamburg von derzeit jährlich 65 € decken nicht einmal die direkten Kosten der Bereitstellung der Parkplätze ab, geschweige denn die indirekten, externen Kosten, die durch den Autoverkehr verursacht werden. Diese Kosten werden auf die Allgemeinheit abgewälzt, auch auf die, die gar kein Auto fahren, aber von den Folgen des Autoverkehrs betroffen sind. Die HVV-Ticketpreise sind in den letzten Jahrzehnten deutlich stärker gestiegen als die Parkgebühren: Die Anreizwirkung ging also in die falsche Richtung. Niedrige oder keine Parkgebühren verleiten zudem dazu, Autos auf wertvollen öffentlichen Flächen abzustellen und stehen zu lassen, auch wenn sie kaum gefahren werden.

Die derzeitigen Kurzzeit- und Anwohnerparkgebühren entfalten so gut wie keine Lenkungswirkung in die Richtung einer Verkehrswende. Das zeigt insbesondere der Vergleich mit anderen europäischen Metropolen, in denen das Parken deutlich teurer und die Verkehrswende erfolgreicher ist: So kostet ein Anwohnerparkausweis in Amsterdam 535 Euro, in Riga 660 Euro und in Stockholm 827 Euro jährlich, das Kurzzeitparken in Amsterdam, Stockholm und London über 5 Euro in der Stunde.

Wichtig bei der Parkraumbepreisung ist, dass sie sowohl die tatsächlichen Kosten der Bereitstellung und des Erhalts der Parkflächen, als auch die externen sozialen Kosten, die durch den Autoverkehr verursacht werden, widerspiegelt. Des Weiteren müssen die Gebühren für Straßenparkplätze deutlich über denen in Park-&-Ride-Anlagen, Parkhäusern und Tiefgaragen liegen, damit eine Verlagerung des Parkens in diese Einrichtungen erfolgt.

Die Erhöhung der Parkraumbewirtschaftung im Preis und ihre die Ausdehnung in der Fläche ist kostengünstig und schnell umsetzbar. Alle Menschen profitieren dadurch – sie haben mehr Platz, können sich freier und sicherer bewegen und müssen weniger unter Lärm und Luftschadstoffen leiden. Auch privat und gewerblich Autofahrende haben einen Nutzen: Sie finden schneller einen Parkplatz und stehen weniger im Stau, da der Parksuchverkehr zurückgeht. Da dies alles wichtige Standortfaktoren sind, profitiert auch die lokale Wirtschaft. Besonders erfolgreich wird die Maßnahme, wenn die Einnahmen für den Ausbau des ÖPNV sowie von Rad- und Fußwegen verwendet werden, was auch die öffentliche Akzeptanz erhöht.

Wir fordern daher die Erhöhung der Kurzzeit- und der Anwohnerparkgebühren auf einen Betrag, der die Kosten deckt: sowohl die Kosten der Bereitstellung und Unterhaltung wie auch die externen sozialen und ökologischen Kosten des Autoverkehrs. Der Betrag für das Anwohnerparken sollte nicht unter 360 Euro pro Jahr liegen. Das gilt auch für E-Autos, da sie genauso Platz verbrauchen.
Gehbehinderte sollten frei parken können, Leistungsempfänger:innen und Menschen mit geringem Einkommen sollten eine Ermäßigung erhalten, für Handwerker:innen/ Gewerbetreibende Ausnahmeregelungen beibehalten werden. Die Einnahmen sollen zweckgebunden für die Verbesserung des ÖPNV sowie der Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur verwendet werden.

Die bisherigen Maßnahmen der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende haben zu keiner nennenswerten Reduktion der Emissionen beigetragen. Die Zahl der angemeldeten Autos steigt sogar, und das stärker als die Zahl der Einwohner:innen Hamburgs.

8. Superblocks

Das Konzept der Superblocks kommt aus Barcelona und bezeichnet Quartiere, aus denen das Auto großenteils verdrängt ist und damit Raum frei wird für Stadtgrün und Menschen. Sie vereinen so Push- und Pull-Maßnahmen der Verkehrswende auf Quartiersebene und können eine Reihe von positiven Auswirkungen auf ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene entfalten.

Der Autoverkehr wird durch eine Reihe von Maßnahmen reduziert: Die Einfahrt ist nur für Anwohner:innen, Servicedienste, Rettungs- und Lieferdienste erlaubt. Der Durchfahrtsverkehr wird durch eine allgemeines Linksabbiegeverbot oder durch Diagonalsperren an Kreuzungen unterbunden, auf den Straßen haben Gehende und Radfahrende Vorrang, für Kfz gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h und Teile der Straßen sowie der Parkplätze werden zurückgebaut. Das Parken soll weitgehend in Quartiersgaragen in der Umgebung erfolgen. Verbleibende Parkplätze werden (höher) bepreist bzw. bleiben Menschen mit beeinträchtigter Gehfähigkeit sowie Service-, Liefer- und Rettungsdiensten vorbehalten.

So wird etwa 80% Fläche frei, die zu öffentlichen Plätzen, Parks, Grünflächen und -korridoren umgewidmet wird. Diese Maßnahmen wirken sich nicht nur positiv auf die Stickoxid- und Lärmbelastung aus, auch die lokalen Geschäfte profitieren: Da die höhere Aufenthaltsqualität in Verbindung mit dem gestiegenen Fuß- und Radverkehr zu längeren und häufigeren Besuchen in lokalen Geschäften und Cafés führt, können deren Umsätze gesteigert werden. Durch Superblocks kann der Rad- und Fußverkehr deutlich gesteigert und der Autoverkehr signifikant reduziert werden. Der Lärm sinkt spürbar und lokale Geschäfte profitieren und eröffnen neu.

Das Konzept wurde bereits auf viele andere Städte übertragen, in Deutschland z.B. unter dem Namen Kiezblocks in Berlin. Auch in Hamburg gibt es unter dem Namen Superbüttel in Eimsbüttel eine Superblock-Initiative von KURS FAHRADSTADT und in Ottensen eine der Initiative Ottenser Gestalten.

Wir fordern ein einfaches und unbürokratisches Verfahren, mit dem Anwohnenden Superblocks oder ähnliche Konzepte mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung der Stadt Hamburg in ihrem Quartier planen und umsetzen können. Die Umsetzung soll zügig und zunächst mit temporären Maßnahmen durchgeführt werden. Zusätzlich soll die Stadt Hamburg eine Aufklärungskampagne durchführen, um das Konzept stadtweit bekannt zu machen.

Ein Superblock in Sant Antoni, Barcelona. Foto: Joan Cortadellas

9. Tempo 30

Zahlreiche Verkehrswissenschaftler:innen und Mediziner:innen sowie globale, nationale und lokale Organisationen fordern die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit, auch auf Hauptverkehrsstraßen. Dafür sprechen zahlreiche Gründe: wie z.B. mehr Sicherheit für zu Fuß Gehende und Radfahrende, ein besseres Miteinander von Kfz-, Rad- und Fußverkehr, weniger Flächenverbrauch. Diese Punkte fördern wiederum die Bereitschaft der Autofahrenden, aufs Rad umzusteigen oder zu Fuß zu gehen. Zudem bedeutet es weniger Lärm, weniger Abgase und weniger Feinstaubemissionen, was der menschlichen Gesundheit, der Aufenthaltsqualität und der Umwelt zugutekommt.

Gerade auf Hauptstraßen ist die Einführung von Tempo 30 wichtig, denn hier hat der Autoverkehr die meisten negativen Auswirkungen hinsichtlich des Lärms, der Schadstoffbelastung, der Unfallgefahren und des Flächenverbrauchs. Die Leistungsfähigkeit des Verkehrs wird dabei entgegen vielfach geäußerter anderslautender Behauptungen nicht eingeschränkt. Ein entscheidender Vorteil von Tempo 30 ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit: Nicht nur die Zahl der Verkehrsopfer geht deutlich zurück – insbesondere unter Kindern – sondern auch die Zahl der Toten und Schwerverletzten unter den Verkehrsopfern. Eine Analyse der Polizeiberichte von Unfällen in London zeigte, dass praktisch alle für Radfahrende tödlichen Zusammenstöße auf Straßen mit Tempo 50 oder höher erfolgten.

Erfahrungen aus Städten wie Brüssel, London, Paris und Berlin zeigen: Die Unfallzahlen sanken nach Einführung von Tempo 30 deutlich, insbesondere auch Unfälle mit Todesfolge, Emissionen und Lärm nehmen ab und nach der Einführung war die Mehrheit der Anwohnenden zufrieden, Wir fordern die Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit auf allen Straßen des Stadtgebiets, auch und gerade auf Hauptverkehrsstraßen. Darüber hinaus soll sich Hamburg bei der Leitung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr für eine Anpassung des StVR/ der StVO einsetzen, die das Auto nicht mehr ins Zentrum stellt und einem klima- und umweltfreundlichen, flächengerechten und nachhaltigen Verkehr zuträglich ist.

Tempo-30-Kampagne der Vereinten Nationen, Quelle:, 6th UN Road Safety Week 2022, Streets For Life Toolkit

10. Autofreie Zonen

Das bisherige Konzept der Fußgängerzonen war bislang recht eindimensional auf den Zweck einer Einkaufs- und Flanierstraße ausgerichtet. Die größtenteils
versiegelten Straßen mit kaum Stadtgrün verstärken das Problem bei zunehmenden Extremwetterereignissen: Bei Hitzewellen staut sich die Hitze, bei Starkregen kann das Wasser nicht abfließen. Daher ist ein zeitgemäßes Konzept für autofreie Zonen nötig. Die Stadt Oslo hat hier ein Beispiel mit hoher positiver internationaler Strahlkraft geschaffen.

Beispiele wie Ljubljana und Oslo zeigen, dass es möglich ist, innerhalb von wenigen Jahren die Anzahl der Autos im Stadtzentrum effektiv zu reduzieren, Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und dem ÖPNV Vorrang zu geben und die Stadt grüner zu machen. In Hamburg wünschen sich laut einer repräsentativen Umfrage 61% der Bevölkerung eine autofreie Innenstadt. Wir schließen uns der Forderung der Initiative Klimaschutz Hamburg an, den Bereich innerhalb von Ring 1 in der Hamburger Innenstadt zur autofreien Zone zu machen.

Ein Spielplatz auf einem ehemaligen Parkplatz in der Osloer Innenstadt. Foto: Ingar Sørensen, Quelle: pedestrianspace.org